Talayot-Kultur

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Die Talayots: Spuren der Vergangenheit

Die ersten Mallorquiner

Schon lange bevor die sogenannte Talayot-Kultur entstand, lebten Menschen auf der Baleareninsel. Wie lange genau weiß man jedoch nicht. Die frühesten Knochenfunde stammen aus dem 7. Jahrtausend vor Christus. Die Spuren dieser frühen Steinzeitmenschen sind sehr spärlich. Sicher weiß man nur, dass sie wohl bis ca. 1300 v. Chr. recht friedlich miteinander lebten, denn es gab scheinbar keinerlei befestigte Siedlungen zu dieser Zeit. Vermutlich kamen die „ersten Mallorquiner” vom spanischen Festland auf die Insel.

Die Talayots

Was versteht man darunter? Etwa um 1300 v. Chr. veränderte sich die Besiedlung Mallorcas maßgeblich. Neue Ortschaften entstanden, und sie sahen ganz anders aus als die ersten Bauwerke der früheren Bewohner. Plötzlich waren die Siedlungen von dicken Befestigungsmauern umgeben, und in ihrer Mitte ragten massive Steintürme auf!  Der Begriff „Talayot” bezieht sich genau auf diese turmartigen Gebäude. Mit dem Namen „Talaya” bezeichneten viele Jahrhunderte später die Mauren ihre Wehr- und Verteidigungstürme. Die Archäologie verwendete den Begriff später für die gesamte Epoche. Die Talayot-Kultur umfasst in etwa den Zeitraum zwischen 1300 v.Chr. und 123 v. Chr., als die Römer Mallorca eroberten.  

Wer waren die Bewohner?

Experten vermuten, dass die Talayot-Kultur nur entstehen konnte, weil eine Neubesiedelung der Insel stattgefunden hat. Allerdings weiß man bis heute nicht, woher diese neuen Bewohner Mallorcas kamen. Vielleicht stammten sie aus dem östlichen Mittelmeerraum, denn eine verwandte „Zyklopenbauweise” gab es auch auf Malta, Sardinien und Korsika. Die starken Befestigungsmauern und die Wehrtürme lassen darauf schließen, dass es sich bei den „neuen” Mallorquinern um ein kriegerisches Völkchen handelte. Vermutlich zerstörten sie die früheren Siedlungen. Bald war die ganze Insel von Talayot-Dörfern überzogen. Im Durchschnitt lebten etwa 100 Einwohner in einer solchen Siedlung.

Wie lebten sie?

Aufgrund der Bauweise und archäologischer Funde lässt sich schließen, dass die Menschen der Talayot-Epoche ein hierarchisch gegliedertes Gesallschaftssystem kannten. Nur so ließen sich die gewaltigen Bauwerke errichten. Dass es mehrere Kasten oder Klassen gab, wird auch an den Bestattungsmethoden ersichtlich. Hochgestellte Gesellschaftsmitglieder wurden in Nekropolen zur Ruhe gebettet, während die Mittelschicht sich mit der Bestattung in Höhlen begnügen musste. Für die besitzlose Unterklasse kam dann nur noch eine einfache Erdbestattung in Frage. Die Talayot-Menschen kannten sowohl die Landwirtschaft als auch die Viehzucht. Außerdem betrieben sie Handel mit anderen Kulturen. Sie besaßen einen hohen Entwicklungsstand. Später wurde der Einfluss dieser fremden Kulturen (besonders der Griechen und Phönizier) jedoch so groß, dass er die ursprüngliche Talayot-Kultur langsam verdrängte.  Ab dem 5. Jh. v. Chr. waren die Bewohner der Balearen für ihre Steinschleuder-Künste im gesamten Mittelmeerraum berühmt. Mallorquinische Krieger zogen mit Hanibal über die Alpen, später kämpften sie auf Seiten der Römer. Große Teile der Bevölkerung ließen sich als Söldner abwerben und die Einwohnerzahlen der Inseln sanken rapide. Auch dieser Umstand trug zum Verfall der Talayot-Kultur bei.

Was gibt es heute noch zu sehen?

Obwohl einst die ganze Insel von talayotischen Siedlungen überzogen war, ist heute nicht viel davon übrig geblieben. Man hat nur wenige zusammenhängende Dörfer gefunden. Die Erklärung dafür ist recht einfach. Die großen Bauwerke der Talayots waren aus behauenen Steinblöcken ohne jedes Bindemittel errichtet worden. Diese Art des Bauens war auf Mallorca bis in unser Jahrhundert hinein äußerst beliebt. Und so bediente man sich dort, wo es bereits gut bearbeitete Steine gab: in den alten Siedlungen. Stück für Stück wurden die Ruinen abgetragen und für neuere Häuser und Mauern verwendet. Die meisten alten Dörfer verschwanden auf diese Weise vollständig.

Die Ruinenstätten

Heute gibt es auf Mallorca ganze zwei halbwegs gut erhaltene Talayot-Siedlungen zu besichtigen: Capocorp Vell (im Süden der Insel, in der Nähe des Ferienortes Cala Pí), und Ses Païsses (bei Artà, im Nordosten).  Deutlich erkennt man bei beiden Siedlungen die dicke Befestigungsmauer. In Ses Païsses ist außerdem noch das stattliche Eingangstor zum Dorf erhalten. Zentrum beider Dörfer sind die eigentlichen Talayots, die großen Steintürme. Bis heute weiß man nicht genau, ob sie bewohnt wurden oder nur als Wachtürme für bewaffnete Gruppen dienten. Vermutlich trifft beides zu, denn die kleineren Wohnhäuser rund um die Türme sind allesamt jüngeren Datums. Auf jeden Fall verdeutlichen sie, dass es sicherlich kriegerische Auseinandersetzungen der einzelnen Dörfer untereinander gab. Im Norden Mallorcas befindet sich bei Santa Margalida die Nekropole von Son Real. Hier wurden viele Jahrhunderte lang reiche Menschen aus der bereits erwähnten Oberschicht bestattet.

Die Fundstücke

Wer sich noch ausführlicher für die Talayot-Kultur interessiert, wird in einigen Museen fündig. Bei den Ausgrabungen stieß man auf zahlreiche Werkzeuge und Alltagsgegenstände aus der Epoche. Steinwerkzeuge wie z.B. Stampfer lassen darauf schließen, dass der Getreideanbau eine wichtige Rolle spielte. Zum Brot verzehrte man gern das Fleisch von Ziegen, Schafen und Schweinen – wie Knochenfunde bei den Feuerstellen beweisen. Weitere aufschlussreiche Fundstücke sind Waffen (bronzene Schilder, Schwerter und Pfeilspitzen), sowie einige Skulpturen, die Rückschlüsse auf das religiöse Brauchtum zulassen. Tiergottheiten und allen voran der Stier spielten dabei eine große Rolle. Viele dieser Skulpturen wurden in Gräbern und kultisch genutzten Höhlen entdeckt. Einer der bedeutendsten Funde waren drei bronzene Stierköpfe, die man in einer Höhle bei Costix entdeckte. Sie befinden sich heute im Archäologischen Nationalmuseum von Madrid. Im Museo de Mallorca in Palma kann man jedoch Kopien besichtigen.

Nützliche Informationen

Museo de Mallorca
Calle Portella 5
Palma
+34 971 717 540

Capocorb Vell
971 180 155
info@talaiotscapocorbvell.com

Talayot Ses Paisses
Rathaus Artà
Placa de Espanya 1
07570 Artà
Tel: 971 82 95 95
info@arta.cat

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Anne Grießer

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Sprache auf Mallorca

Auf der Insel gibt es zwei offizielle Amtssprachen: Spanisch und Katalanisch. Im Alltag wird jedoch hauptsächlich Mallorquín gesprochen, ein katalanischer Dialekt.

Unterschiedliche Schreibweisen von Ortsnamen sorgen immer wieder für Verwirrung: inzwischen beginnt sich jedoch die mallorquínische Variante durchzusetzen.

So heißt beispielsweise „Andratx” (sprich: „Andratsch”) nicht mehr „Andraitx”, „Port” (Hafen) heißt nicht mehr „Puerto”, und „Coves” (Höhlen) heißt nur noch selten „Cuevas”.

Ausländische Urlauber haben auf Mallorca jedoch selten Sprachprobleme. Sie werden von den Einheimischen in der Regel auf spanisch angesprochen, häufig sogar auf englisch oder deutsch.

Mallorquinische Kultur

Bereits seit dem 18. Jh. existiert auf Mallorca die „Renaixenca”-Bewegung.
Sie hat zum Ziel, die traditionelle Kultur der Baleareninsel wiederzubeleben und vor dem Untergang zu bewahren.

In einer Zeit, in der immer mehr Urlauber und Residenten nach Mallorca kommen, scheint dies ein berechtigter Anspruch. 

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